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Beim Brotbacken Mehl nachschütten, wenn der Teig zu weich ist. Darf ich das?

Immer wieder lese ich von diesem No-Go: Bloß nicht Mehl nachschütten, wenn der Teig zu weich geworden ist. Aber wieso eigentlich soll man das nicht machen und unter welchen Umständen du das doch machen kannst.

Wieso sollte man Mehl beim Brotbacken nachschütten?

Normalerweise sind die Mengenangaben in Rezepten (wenn du denn ein fremdes Rezept bäckst) klar formuliert und wenn du dich daran hältst, sollte der Teig und auch das Brot gelingen. Das ist natürlich nur theoretisch, weil in der Praxis doch das eine oder andere schief gehen kann, wenn du ein Brot ansetzt. Es gibt Gründe, wieso dein Teig zu weich werden kann, obwohl im Rezept alles wunderbar erscheint:

  • Mehl: Es gibt viele viele verschiedene Mehlsorten in Deutschland. Sie weisen einen unterschiedlichen Proteinanteil auf (in der Regel 9 bis 14%), verschiedenste Backstärken und auch eine abweichende Fähigkeit Wasser aufzunehmen. D.h. das Weizenmehl Typ 550 oder Roggenvollkornmehl welches ich verwende, hat andere Eigenschaften als deines. Hast du ein schwächeres Mehl, nimmt es evtl. weniger Wasser auf und schwupps wird dir der Teig bei gleicher Wassermenge zu weich. Ich gebe dir das hier in den Rezepten meistens schon so an, aber es passiert dennoch hin und wieder.
  • Temperatur: Bei zu hohen Temperaturen bauen Teige nicht selten direkt beim Kneten schon ab und sind sehr schnell überknetet oder einfach strukturlos. AnfängerInnen kommen damit dann ggfs. nicht zurecht und sind überfordert. 
  • Versehen: Es passiert doch den Besten, dass hin und wieder der Überblick verloren geht, was und wie viel davon man schon in die Knetschüssel geschüttet hat. Da fällt die Waage aus oder man vertut sich einfach…ein misslungener Teig ist Gang und Gäbe und der Teig schnell zu weiche.
Dieser Teig war zu weich. Die Maschine konnte ihn nicht sauber auskneten. Man sieht das fehlende Teiggerüst. Dennoch ist der Teig nicht verloren.

Jetzt das Mehl nachzuschütten liegt nahe, weil dann der Teig fester und stabiler wird.

Egal aus welchem Grund dein Teig zu weich geworden ist, du darfst trotzdem kein Mehl nachschütten! Das liest man zumindest immer wieder. Und im Grund ist das auch richtig und doch würde ich es tun. Unter bestimmten Voraussetzungen.

Wieso solltest du kein Mehl beim Brotbacken nachschütten?

Der Grund für das „No-Go“ sind die Bäckerprozente. Bei vielen Rezepten werden die einzelnen Zutaten dem Mehl gegenüber ins Verhältnis gesetzt. Beispiel:

1000g Mehl = 100%
700g Wasser = 70%
10g Hefe = 1%
20g Salz = 2%
und so weiter…

Veränderst du die Basis (das Mehl) veränderst du automatisch die Menge der anderen Zutaten. Beispiel:

1000g Mehl + 200g nachgeschüttetes Mehl = 1200g Mehl (neu) = 100% 
840g Wasser (neu) = 70% 
12g Hefe (neu) = 1% 
24g Salz (neu) = 2% 

Das Wasser ist in dem Fall unerheblich, weil der Teig ja zu weich war. Du wirst nun natürlich kein zusätzliches Wasser hinzufügen, wenn der Teig nach dem Nachschütten von Mehl die richtige Konsistenz hat. Aber Hefe (oder auch Sauerteig) und Salz haben durch die veränderte Mehlmenge plötzlich einen zu niedrigen Anteil und somit verändert sich das Brot. Der Charakter wird anders, die Reifezeiten auch, ggfs. misslingt das Brot völlig. Weil einfach das Verhältnis der Zutaten untereinander nicht mehr stimmt.

Das ist der Grund wieso du nicht nachschütten sollst. Aber was sollst du denn dann machen? Oder kannst du doch nachschütten?

Mehl nachschütten beim Brotbacken – darauf kommt es an

Ich selbst schütte auch nach, wenn der Teig viel zu weich ist. Weil ich den Teig A) nicht entsorgen will und B) nicht irgendwelche anderen Wasser absorbierenden Zutaten im Teig möchte, die den Charakter des Brots völlig anders gestalten. In der Regel handelt es sich nicht um so viel Mehl, wie im obigen Beispiel zu sehen. Manchmal reichen 20 oder 30g Mehl, damit dein Teig wieder stabil wird. Wichtig ist nur folgendes: Ich gebe dann ZUSÄTZLICH zum Mehl ggfs. auch noch anteilig etwas mehr von den anderen Zutaten hinzu: Hefe, Salz, was auch immer im Rezept so zu finden ist. So stimmt dann das Verhältnis wieder weitestgehend.

Und: Ich nehme in Kauf, dass sich ggfs. die Reifezeiten verändern könnten. Weil zB die Hefe nicht vorab aufgelöst war oder weil jetzt einfach mehr Teig da ist, als im Rezept geplant. Die Größe des Teigs macht einen Unterschied bezüglich der Reifezeit.

Bevor ich also den Teig wegschmeiße, gehe ich diesen „unprofessionellen“ Weg. Und meistens komme ich damit super durch. Oftmals merke ich es weder bei der Teigreife, noch im Endergebnis. Lass dich also nicht verunsichern. Wenn du Mehl nachschütten willst, dann mach das auch.

Viel wichtiger ist, dass du erkennst, wieso dein Teig überhaupt zu weich geworden ist. Damit es beim nächsten Mal erst gar nicht so weit kommt.

Genau so wünscht man sich seinen Brotteig: Stabil und Dehnbar:

Alternativen zum Nachschütten von Mehl in den Brotteig

Du kannst diverse andere Lösungsansätze suchen, um deinen zu weichen Teig zu retten. In der Regel geht es darum, dass du andere Zutaten zugibst, statt Mehl, die Wasser absorbieren und so den Teig fester machen:

  • Flohsamenschalen schlucken unheimlich viel Wasser
  • Leinsamen geschrotet ebenso
  • Altbrot festigt
  • Körner auch

Oder du machst beim Kneten eine Pause von 20 Minuten und knetest dann weiter. In der Hoffnung, dass sich durch den Autolyse-Effekt der Teig stabilisiert hat und bindet.

Und wenn gar nix hilft, hilft Dehnen und Falten. Damit kriegst du zu weiche und ungebundene Teige oft in eine dehnbare und stabile Struktur.

 

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10 Antworten
  1. Heinz Grau

    Auch ich möchte mich herzlich bedanken für diesen Artikel. Hat mir sehr gefallen und war sehr gut erklärt. Vielen Dank

  2. Detlef

    ich backe mein Brot mit Dinkelmehl, halte mich auch immer ans Rezept, manchmal ist der Teig einfach zu weich obwohl der Wasseranteil genau passte. Nehme dann meist 2-3 gehäufte Teelöffel Mehl und mische es unter mit der Knetmaschine. bisher noch keinerlei Probleme gehabt mit Mehl nachfüllen. wenn es geknetet ist kommt es in eine selbstgebaute Holzbrotbackform zum gehen und dann später Inden Ofen.

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Über mich

Mein Name ist René und eigentlich würde ich mich niemals selbst als Bäcker bezeichnen. Aber für meine Familie bin ich „der Bäcker“. Und weil mir das Backen von Brot unendlich Freude bereitet, versuche ich hier für mich und andere eine Sammlung an Brotback-Wissen und vielen Rezepten zu schaffen. Viel Spaß damit!

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