In vielen weizenlastigen Rezepten heißt es, der Teig soll während der Stockgare, bei der es sich um die Gare des ungeformten Teiges handelt, „gedehnt und gefaltet“ werden. Wenn du leckere Brote backen möchtest, benötigst du jedoch die passende Technik, um die Glutenstränge bestmöglich zu dehnen, auszurichten und zu falten. Dadurch wird dem (vor allem) weizendominierten Teig durch mehrfaches Dehnen und Falten mehr Struktur verliehen und somit das Klebergerüst schonend entwickelt. Zum einen steigt das Gashaltevermögen dadurch und zum anderen erreichst du eine Entgasung, Sauerstoffzufuhr und Homogenisierung der Teigtemperatur. Letztendlich unterstützt du die Hefeaktivität und der Teig kann besser aufgehen. Durch Dehnen und Falten (Stretch Fold) bekommt er mehr Struktur und wird straffer. Letzteres ist für eine schöne Kruste sehr wichtig.
Was bedeutet „Dehnen und Falten“ eigentlich?
Dehnen und Falten – diese beiden einfachen Handgriffe können den Unterschied zwischen einem mittelprächtigen und einem sensationellen Brot ausmachen. Doch warum genau ist das so?
Beim Dehnen und Falten greifst Du den Teig, ziehst ihn vorsichtig in die Länge und legst ihn anschließend wieder über sich selbst. Dieser Vorgang wird mehrfach wiederholt und dient dazu, die Struktur des Teigs zu verbessern. Dabei sorgst Du dafür, dass das Glutengerüst – also die elastischen Netzwerke aus Proteinen – gestärkt wird. Dieses Gerüst ist entscheidend, damit Dein Brot eine gute Krume und viel Volumen bekommt. Außerdem wird Sauerstoff in den Teig eingearbeitet, was am Ende für ein grobporigeres Brot sorgen kann.
Warum ist Dehnen und Falten so wichtig?
- Glutengerüst aufbauen: Eine gut entwickelte Glutenstruktur sorgt dafür, dass der Teig stabil bleibt und die Gase, die während der Gärung entstehen, eingeschlossen werden.
- Belüftung des Teigs: Durch das Falten bringst Du Sauerstoff in den Teig, was die Hefen und Milchsäurebakterien bei ihrer Arbeit unterstützt. Die Luft im Teig wird zudem gleichmäßig verteilt.
- Teig festigen: Dein Teig wird straffer und bekommt mehr Stand, was sich in der Form und im Ofentrieb widerspiegelt. Vor allem bei Teigen mit hoher Hydration ist das wichtig. Du erkennst das auch daran, dass sich der Teig nach dem Dehnen und Falten recht schnell wieder flach darstellt. Dann ist weiteres Dehnen und Falten gerade bei weichen Teigen erneut nötig.
- Schwach ausgebildete Teiggerüste werden gestärkt: zB wenn der Teig nach dem Kneten nicht dehnbar ist.
Wann wird gedehnt und gefaltet?
Das Dehnen und Falten findet während der Stockgare – der ersten Gärphase nach dem Kneten – statt (bei No Knead einfach nach dem Mischen). Je nach Rezept und Teigführung wird der Teig 2 bis 4 Mal im Abstand von etwa 30 bis 60 Minuten bearbeitet. Währenddessen bleibt der Teig in einer leicht geölten Schüssel oder Wanne. Wenn dein Teig nach dem Kneten besonders schwach und weich ist, kannst du auch alle 20 Minuten dehnen und falten und das bis zu 2 Stunden.
Wie funktioniert das Dehnen und Falten (Stretch Fold)?
Es gibt verschiedene Methoden, die sich danach richten, wie weich oder fest dein Brotteig ist. Festere Teige kannst du zum runden oder eckigen Fladen formen und danach rundum oder alternativ von den Ecken des Teigs aus nach innen falten. Einen weicheren Teig gibst du in eine geölte Schüssel und ziehst diesen an einer Seite nach oben, sodass du sie über den übrigen Teig legst. Dies machst du danach von jeder Seite mehrfach. Das Volumen nimmt zu (Luft wird eingearbeitet) und der Teig gewinnt an Stabilität. Die Teigstruktur wird dehnbarer und geschmeidiger.
So funktioniert’s Schritt für Schritt
- Ruhephase einhalten: Dein Teig hat gerade eine gewisse Zeit geruht und ist lockerer geworden.
- Teig greifen: Mit angefeuchteten greifst Du eine Seite des Teigs.
- Dehnen: Ziehe den Teig vorsichtig nach oben. Achte darauf, ihn nicht zu reißen.
- Falten: Lege die gedehnte Seite über den Rest des Teigs.
- Rundherum wiederholen: Dreh die Schüssel um 90 Grad und wiederhole den Vorgang mit den anderen Seiten des Teigs, bis Du alle vier Seiten bearbeitet hast.
- Ruhen lassen: Lass den Teig erneut ruhen, bevor Du den Vorgang wiederholst (nach ca. 20 bis 30 Minuten).
Schonendes Dehnen und Falten
Es gibt noch eine weitere Methode ein gutes Teiggerüst zu erhalten. Mit dem Coil Fold erreichst du sehr ähnliche Ergebnisse, die Variante ist aber etwas sanfter. Auch eine Kombination ist möglich, so dass du 2x dehnst und faltest und dann in der 3. Runde nur noch den Coil Fold anwendest. Vor allem dann, wenn dein Teig schon recht straff ist, macht das normale Dehnen und Falten weniger Sinn und das Coil Fold kommt ins Spiel. Ansonsten würdest du ggfs. den Teig zu stark reißen und das Teiggerüst außen schädigen. Auch bei festeren Teigen ist das sanfte Dehnen und Falten (Coil Fold) oft die bessere Variante.
FAQ: Alles, was Du über Dehnen und Falten wissen musst
Wie oft sollte ich den Teig dehnen und falten?
In der Regel 2 bis 4 Mal während der Stockgare. Der genaue Abstand hängt vom Rezept und der Raumtemperatur ab. Wenn der Teig keinen Stand bekommt und immer wieder schnell stark breit läuft, weiter dehnen und falten.
Kann ich Dehnen und Falten auslassen?
Theoretisch ja, aber Dein Brot wird weniger Volumen und Struktur haben. Besonders bei feuchten Teigen (wie bei Ciabatta) ist es unverzichtbar. Je mehr Roggenanteil und je feinporiger ein Brot gewünscht ist, desto eher kannst du auf das Dehnen und Falten verzichten.
Bei welchen Brotarten wird gedehnt und gefaltet?
Bei weizenlastigen oder dinkellastigen Brotteigen und allen dem ähnlichen. Roggenteige oder stark roggenlastige Teige werden nicht gedehnt und gefaltet, weil hier kein Glutengerüst existiert.
Was mache ich, wenn der Teig klebt?
Feuchte Deine Hände mit Wasser oder öle sie leicht ein. Das reduziert das Kleben erheblich. Die Teigschüssel sollte auch geölt sein (oder mit natürlichem Trennspray besprüht).
Warum reißt mein Teig beim Dehnen?
Das kann an zu wenig Glutenentwicklung oder zu geringer Ruhezeit liegen. Lass den Teig vor dem Falten länger ruhen. Oder aber, wenn der Teig zu straff ist und gar kein Dehnen und Falten mehr benötigt. Auch festere Teige lassen sich nicht so gut dehnen und falten.
Muss ich nach jedem Falten den Teig ruhen lassen?
Ja, das ist wichtig, damit sich der Teig entspannen und weiterentwickeln kann.
Kann ich den Teig auch mehr als 4 Mal falten?
Bei sehr feuchten Teigen oder langer Gärung kann das sinnvoll sein. Achte darauf, den Teig nicht zu überarbeiten.
Wie erkenne ich, dass der Teig genug gedehnt und gefaltet wurde?
Der Teig wird straffer, glatter und dehnbarer, er hat einen gewissen Stand und läuft nicht direkt wieder breit in der Teigschüssel.
Hallo René!
Kann man zu viel C&F in einer Runde machen? Also sprich: der Teig reißt und wird sehr viel fester?
Und wenn ja – mit negativen Auswirkungen??? *währendderstockgaregefragt*
LG
Tanja (@was_gebacken_kriegen)
Ja das kann passieren. Wenn der Teig schon gut ausgebildet und dehnbar ist, muss nicht mehr viel gedehnt und gefaltet werden. Dann ist das Glutengerüst evtl. schon perfekt ausgebildet und es geht nur noch darum über die Dauer die Glutenstränge weicher werden zu lassen. Wenn du dann dehnst und faltest, reißt das Ganze ggf. wegen zu viel Spannung im Teig.
Hallo René,
erstmal vielen Dan k für Deine tolle Seite. Ich bin auch neu und habe zwei Fragen:
ich habe auch ein kleines Verständnissproblem mit dem Dehnen und Falten Zeitplan, also alle 30 Minuten dehnen und falten und nicht einmal nach 30, dann 60 Minuten warten und beim dritten mal nach 90 Minuten warten sondern alle 30 Minuten?
Und was kann ich machen, wenn ich nach der erfolgreichen Fensterprobe feststelle, ich habe Mehlklumpen im Teig? Zuerst sieben?
Und ich habe mein ASG angesetzt, es hat mega funktioniert und nach dem 6 Tag habe ich den Fehler gemacht, es direkt nach dem Füttern in den Kühlschrank zu geben ohne zu warten, bis es sich verdoppelt hat. Seit dem füttere ich es mit 5g Starter, 25g Mehl und 25g Wasser und es verdoppelt sich zwar aber geht nicht mehr so ab wie davor. Und ich habe es nicht mehr im Kühlschrank. Die Menge sieht sehr überschaubar aus. Und wann weiß ich, ob es fit genug ist, um zu starten?
Sorry für die vielen Fragen und einen Gruß,
Julia
Ja genau, alle 30 Minuten Dehnen und Falten. Meistens reicht 2-3 mal. Je nachdem wie der Teig ist.
Wenn du Mehlklumpen im Teig hast, solltest du das Mehl vorher sieben. Normalerweise knetet sich das aber in einer guten Maschine aus.
Wenn du den Sauerteig versehentlich in den Kühlschrank stellst, kannst du ihn einfach rausnehmen. Über die Zeit reift er dann fertig. Wichtig ist nicht, dass der Sauerteig besonders schnell reift und sich verdoppelt. Die Verdopplung ansich ist gar nicht wichtig. Ob der ST fit ist, siehst du nur, wenn du backst. Wenn du ohne Hefe backst und ein schönes Ergebnis erzielst, ist er fit. 😉
habe versucht mit Roggenvollkornmehl zu backen. Ist leider nichts geworden. Es ist Stein hart und hat kaum Krume. Muss ich bei Vollkornmehl mehr Hefe verwenden?
Haben Sie einen Sauerteig verwendet und war der auch fit? Roggen benötigt Versäuerung. Nur Hefe funktioniert schlecht bis gar nicht. Ansonsten ist ein zu festes Roggenbrot in der Regel eine Sache von zu wenig Wasser.
Hallo,
meine Erfahrung mit der Fensterprobe ist, dass es so 2-3 Minuten nach dem Kneten wunderbar funktioniert. Wenn ich nach einer halben Stunde das erste mal dehne und falte, klappt es auch nocht ziemlich gut. Beim zweiten und dritten dehnen und falten wird der Teig spürbar „unflexibler und rissiger“, wenn ich dann mal die Fensterprobe mache, funktioniert es gar nicht mehr und der Teig reißt schnell ein. Ist es das gewünschte Verhalten beim dehnen und falten?
Ich hab es so Verstanden das der Teig durch Dehnen und falten ein stärkeres Gerüst bildet und hätte dann erwartet das die Fensterprobe noch besser klappen müsste? Hab ich das irgendwas falsch verstanden oder durcheinander gebracht? Vielen Dank für dein super Blog 🙂
Eigentlich sollte es so sein, dass Teige mit noch schwachem Teiggerüst durch das Dehnen und Falten gestärkt werden. D.h. ist dein Teig nach dem Kneten schon ultra dehnbar und die Fensterprobe passt, ist das Dehnen und Falten gar nicht mehr unbedingt nötig. Hier dann eher sanftes Coil Fold für etwas Gasaustausch. Ein zu starker Teig reißt ansonsten beim Dehnen und Falten. Einzige Ausnahme: Der Teig ist sehr weich. Dann geht das Dehnen und Falten auch noch öfter und länger, ohne, dass der Teig reißt.
Hallo Rene,
habe jetzt 4 Tage meinen Ansatz mit Roggenvollkornmehl gefüttert. Allerdings immer noch keine Verdopplung oder Wachstum festgestellt ?!
Sieht eher aus wie MOLTO Fill …
Soll ich ES jetzt wegschmeißen und neu beginnen ? – oder weiter füttern.
Danke Vorab
Jürgen
Also wenn da nix kommt nach 4 Tagen, dann vielleicht mal ein anderes Mehl verwenden (auf Zusätze achten; ggfs. Bio) und neu starten.
Hallo Rene,
Verschlinge seit einigen Wochen deine Homepage und Rezepte wie ein gutes Buch und auch schon einige Brote gebacken.
Alle sind gut geworden und wir haben sie im Nu verputzt 😀..allerdings habe ich jedesmal so klebrige und weiche Teige, dass das mit der Fensterprobe nicht klappt….sollte ich die Mehlmenge aufstocken ? ( traue mich nicht, habe Sorge dann wird es nichts ), das Reservewasser habe ich noch nicht benötigt…
Danke für die tolle Seite und die Rezepte, bin Dauergast 👍
LG Ute
Hi Ute, das freut mich sehr. In dem Fall nimm bitte bei jedem Rezept erstmal 20g weniger Wasser zu Beginn und arbeite dann mit der Bassinage. Ich setze Teige grundsätzlich etwas fester an und wenn der Teig dann mal ausgeknetet ist, kommt das Reservewasser dazu, das dann den Teig schön weich macht. So hat er die erforderliche Dehnbarkeit bekommen. Wenn der Teig von Beginn an zu weich ist, weil zB dein Mehl weniger Wasser aufnehmen kann, wirst du ihn nur sehr schwer auskneten können bis zur Fensterprobe.
Guten Morgen,
Ich backe zum erstenmal die Spitzwecken mit Jarotten. Muss ich nach dem 2. Mal knetenvund falten den Teig ruhen lassen,oder alle 45 min. Auch in den 5 Stunden kneten und falten?
Liege Grüßen Birgit
Nur die angegebenen Male Dehnen und Falten. Danach reift der Teig nur noch in der Stockgare.
Ein supertolles Rezept, habs jetzt das 4te mal gebacken und bin total begeistert.
Ganz lieben Dank
Super. Freut mich.
Hallo, hast du die Hände eingeölt? Warum klebt der Teig nicht fest?
Gruß Kai
PS: Tolle Seite übrigens…
Hi Kai, danke für das Lob. 🙂 Ich nehme einfach etwas Wasser, damit der Teig nicht klebt. Das war es auch schon.
Hallo eine Frage bis jetzt hast du alles mit der Hand geknetet und gefalten. Benötigst du keine Knetmaschine?
LG Regina Pastoors
Ich knete meist mit meiner Maschine. Aber ab und an auch ohne Maschine. Das Dehnen und Falten ist eher die Nacharbeit nach dem Kneten. Das macht man um Sauerstoff einzuarbeiten.
Ich habe das Graubrot in Arbeit. Komme mit dem Zeitplan nicht klar. 11:00 Uhr Hauptteig angesetzt
11:30 Uhr Dehnen und Falten
12:00 Uhr Dehnen und Falten
12:30 Uhr Dehnen und
14:30 Uhr Formen
16:00 bis 16:50 Uhr Backen
Wie soll ich das mit der 3,5 Stunden Stückgare nach dem Knetvorgang verstehen? Bin nach 3,5 Stunden Stückgare mit dehnen und falten angefangen Bin Anfänger.
Hallo Günter, du knetest den Hauptteig und dann wird nach 30, 60 und 90 Minuten jeweils gedehnt und gefalten. Dann nochmal laut dem Zeitplan den du hier reingeschrieben hast 1,5 Stunden weitere Stückgare (ohne Dehnen und Falten). Dan wird geformt und im Gärkörbchen geht der Teig weitere 1,5 Stunden bis er gebacken wird.