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Alles über das Backen von Brot mit Urkorn

Urgetreide oder auch Urkorn ist wieder hip und trendy und das aus gutem Grund. Damit kann vergleichsweise gesundes Brot gebacken werden. Allerdings musst du auf bestimmte Dinge achten, wenn du mit Urkorn-Mehl Brot backen willst. 

Hier in diesem Artikel geht es nicht darum im Detail die einzelnen Urkorn-Sorten zu beschreiben. Hier kannst du dir zum Beispiel hier einen Überblick über Urgetreide verschaffen. Hier soll es eher darum gehen zu lernen, was die Besonderheiten von Urkorn-Mehlen sind und wie du mit Mehlen aus Urkorn Brote backen kannst und welche Eigenschaften diese haben werden.

Was ist das Besondere an Urkorn?

Urkorn ist eine Bezeichnung für alte Getreidesorten, die in der Landwirtschaft traditionell weniger verändert wurden als moderne Sorten. Über die Jahrzehnte wurden Getreidesorten immer mehr verändert und auf Ertrag und Backfähigkeit hin optimiert. Die Veränderungen haben Nachteile in Bezug auf Geschmack, Verträglichkeit und auch Umweltaspekte beim Anbau mit sich gebracht. Hier sind einige Besonderheiten von Urkorn:

  1. Nährstoffgehalt: Urkornsorten enthalten oft mehr Nährstoffe, Ballaststoffe und Mineralien als zB viele moderne Weizensorten.

  2. Geschmack: Sie haben häufig einen intensiveren und vielfältigeren Geschmack, der sich gut für rustikale Brote eignet.

  3. Verdaulichkeit: Viele Menschen empfinden Urkorn als besser verdaulich, was zum Teil an der anderen Glutenstruktur liegt.

  4. Umweltaspekt: Urkorn fördert die genetische Vielfalt in der Landwirtschaft und ist oft widerstandsfähiger gegenüber Schädlingen und Krankheiten.

  5. Traditionelle Anbaupraktiken: Der Anbau von Urkorn fördert nachhaltigere Landwirtschaftsmethoden, da sie oft weniger Dünger und Pestizide benötigen.

Insgesamt bieten Urkornsorten eine gesunde und schmackhafte Alternative zu modernen Getreidesorten.

Beispiel für ein leckeres Emmer-Kartoffelbrot:

Wie sind die Backeigenschaften von Urkorn-Mehlen?

Urkorn-Mehle haben grundsätzlich schlechtere Backeigenschaften als moderne Mehlsorten (Weizen). Es wird oft der reine Glutengehalt eines Mehls herangezogen, um Backfähigkeit einzuschätzen. Dabei kommt es auf die Zusammensetzung des Glutens (Glutenin und Gliadin) an und hier haben Urkorn-Mehle einen Nachteil:

Glutenin und Gliadin

  1. Glutenin: Dieses Protein trägt zur Elastizität und Stabilität des Teigs bei. Es ist verantwortlich für die Struktur des Brotes und sorgt dafür, dass der Teig während des Knetens und Gärens dehnbar bleibt.

  2. Gliadin: Gliadin hingegen verleiht dem Teig seine Fließfähigkeit und hilft beim Aufgehen. Es ist verantwortlich für die Dehnbarkeit des Teigs, was wichtig ist, um die Luftblasen zu halten, die beim Backen entstehen.

Moderne Mehlsorten haben in der Regel einen höheren Glutenin-Anteil und sind somit gärstabiler und dehnbarer. Das Gluten (der Kleber) von Urkorn-Mehlen ist weicher und somit gehen Teige aus Urkorn-Mehl weniger gut auf und können weniger Gas halten. Brote aus Urkorn werden daher meist flacher.

Beispiel für ein Einkorn-Vollkornbrot:

Urkorn-Mehle mit mehr Eiweiß und besserer Backstärke

Es gibt Urkorn-Mehl-Anbieter, die für eine optimierte Nährstoffversorgung des Getreides während des Anbaus sorgen und die dadurch die Qualität und Höhe des Glutengehalts ihres Mehls verbessert haben. Für das Backen von Brot sind diese Anbieter ideal und etwaige Nachteile der Urkornsorten können durch die Auswahl des richtigen Lieferanten zumindest verringert werden.

Welche Urkorn-Mehle eignen sich fürs Brotbacken (sortiert nach Schwierigkeitsstufe)?

Hier ist eine allgemeine Sortierung der genannten Urkornsorten nach Glutenanteil und Backstärke, wobei es wichtig ist zu beachten, dass die genauen Werte variieren können:

Nach Backstärke (von niedrig bis hoch):

  1. Waldstaudenroggen – guter Ersatz für moderne Roggensorten; kein wirkliches Glutengerüst möglich
  2. Gerste – kann kein Glutengerüst aufbauen
  3. Hafer – kann kein Glutengerüst aufbauen
  4. Einkorn – Geringste Backfähigkeit
  5. Emmer – Gute, aber begrenzte Backfähigkeit
  6. Rotkorn – Akzeptable Backfähigkeit
  7. Gelbweizen – Gute Backfähigkeit
  8. Dinkel – Gute Backfähigkeit
  9. Kamut – Gute Backfähigkeit

Beispiel für das unglaublich leckere Urbrot mit Waldstaudenroggen:

Brot-Teige mit Urkorn Mehl kneten

Teige, die mit Urkorn-Mehl zubereitet werden, sollten eher vorsichtig geknetet werden. Achte auch darauf, dass die Teigtemperatur nicht zu hoch wird. Maximal 25 Grad sind ideal, eher etwas darunter halten. Verwende Autolyse, damit noch weniger geknetet werden muss. Auch No Knead ist eine gute Alternative, weil hier eben gar nicht geknetet werden muss. Das Kneten per Hand ist immer von Vorteil bei Urkorn-Teigen. 

Tipps fürs Brotbacken mit Urkorn-Mehlen

  • Wähle die richtige Urkorn-Sorte für dein Brot
    Für ein helles Brot passt kein Waldstaudenroggen. Für ein Brot, das aufgehen soll, sollte eher ein backstärkeres Urkorn-Mehl eingesetzt werden. Hafer und Gerste sollten generell nur in kleinem Anteil eingeplant werden.
  • Steigere langsam den Urkorn-Anteil im Brot
    Du kannst die Menge Urkorn im Brot langsam aber sicher steigern, damit du dich an die Eigenheiten beim Kneten und Formen gewöhnen kannst. Starte mit 25% Urkorn-Anteil und steigere dich dann am Ende bis auf 100%. 
  • Passe die Wassermenge an das Urkorn an
    Urkorn-Mehle schlucken nicht so viel Wasser wie moderne Mehlsorten. Wenn du moderne Mehle in bestehenden Rezepte mit Urkorn-Mehlen ersetzen möchtest, solltest du die Wassermenge um 10-20% reduzieren zu Beginn und dann lieber zum Schluss Wasser zugeben, wenn der Teig noch zu fest sein sollte.
  • Setze Urkorn-Mehle in einem Kochstück ein
    Wenn in deinem Rezept ein Kochstück geplant ist, verwende lieber einen Teil des Urkorn-Mehls dafür. Weil Urkorn-Mehle ohnehin backschwächer sind, geht nicht so viel an Kleberstärke im Teig verloren, als würdest du den Anteil modernes Mehl im Kochstück verarbeiten. 
  • Arbeite generell mit Kochstücken
    Weil Urkorn-Teige weniger Wasser aufnehmen können, hilft es immer mit einem Kochstück zu arbeiten. So kannst du deutlich mehr Wasser ins Brot einbauen und es bleibt dadurch frischer und wird saftiger.
  • Nutze bevorzugt Sauerteig für Urkorn-Brote
    Gerade Urkorn-Brote profitieren von der Verwendung von Sauerteig. So kommt aromatisch das Beste in einem Brot zusammen. Aromatik durch den Sauerteig, mehr Geschmack durch das Urkorn und eine noch verstärkte Geschmackswelt durch den langen Reifeprozess, die reine Sauerteigbrote in der Regel mit sich bringen.
  • Nutze die stabilisierende Wirkung von Vitamin C
    Mit Vitamin C kannst du das Teiggerüst stärken. Typischerweise wird Vitamin C (in Form von Pulver oder auch Zitronensaft) bei Dinkelteigen eingesetzt. Aber auch die anderen glutenschwachen Mehlsorten profitieren im Teig davon.
  • Gluten künstlich zusetzen
    Ich bin kein Fan davon und kann dir daher hier auch keine konkreten Anleitungen dafür geben, aber manche setzen ihrem Urkorn-Teig künstlich Weizengluten zu (manche machen das auch bei Roggenteigen). Dadurch werden diese Teige dann auch stabiler und gehen stärker auf. Suche alternativ nach Händlern, die mit backstärkeren Urkorn-Sorten werben.
  • Knete Urkorn-Teige vorsichtig oder per Hand
    Weil das Glutengerüst schwach ist, kann es durch zu starkes Kneten auch relativ schnell wieder zerstört werden. Knete daher immer vorsichtig, nicht zu schnell und nicht zu lang und nutze die Autolyse. Knete notfalls per Hand.
  • Vermeide die Übergare des Teigs
    Urkorn-Teige sind nicht besonders gärstabil, d.h. sie bauen recht schnell ab, wenn die Fermentation fortgeschritten ist. Teige aus modernen Mehlsorten können hier noch relativ lange das Gas halten, bei Urkorn-Teigen ist das eher nicht der Fall. Die Brote werden dann sehr schnell sehr flach. Den perfekten Reifezustand zu erwischen ist hier also essentiell.

Sauerteig mit Urkorn-Mehlen führen

Es ist übrigens auch möglich, dass du deinen Sauerteig mit Urkorn-Mehlen fütterst und dauerhaft fortführst. Es können dadurch interessante Aromenspiele entstehen. Ggfs. reicht auch schon ein kleinerer Anteil am Sauerteig-Mehl: Du könntest mit 90% modernem Weizenmehl Typ 550 + 10% Einkorn-Vollkorn-Mehl arbeiten. Reine Urkorn-Sauerteige sind, wie normal Brotteige auch, weniger gärstabil. Achte auch hier auf die richtigen Reifezustände.

Urkorn fürs Brot selbst mahlen

Wie alle Getreidesorten kann auch Urkorn zu Hause gemahlen werden, mit allen Vor- und Nachteilen für das Brotbacken zu Hause. Lagere das Mehl nach dem Mahlen für 2-3 Wochen ab, damit die Enzymatik im Mehl reduziert wurde. Behalte im Hinterkopf, dass deine Mehle zu Hause nie so fein sind, wie aus einer professionellen Mühle: Brote, die du damit backen willst, sind in der Regel feinporiger. Verwende frisch gemahlenes Urkorn-Mehl aber gerne direkt in einem Kochstück.

Wie lang ist Urkorn-Mehl haltbar?

Die Haltbarkeit ist ähnlich dem anderer Mehlsorten: Zwischen 6 und 12 Monaten sollte die fachgerechte Lagerung in der Regel kein Problem darstellen. Ur-Vollkornmehle verderben dann schneller, wenn der Keimling mitgemahlen wurde (zB zuhause).

Kann ich Weizenmehl einfach durch Urkorn-Mehl ersetzen?

Das geht, aber das Brot wird ein anderes werden: Anders schmecken, anders aussehen und weniger voluminös sein. Aus Gründen die weiter oben beschrieben wurden.

Wieso werden meine Urkorn-Brote (z.B. mit Einkorn-Mehl) flach?

Weil das Gluten im Urkorn schwach ist, kann Gas und Luft nicht so gut gehalten werden in einem Urkorn-Teig. Übergaren sorgen schneller für einen Abbau des Teiggerüsts und so ist das Risiko für ein flach gebackenes Brot deutlich erhöht.

Urkorn-Brote im Kasten backen

Um flache Brote zu vermeiden, ist die Kastenform dein Freund, wenn du mit Urkorn backen willst. Die Form stützt den Teig und so kann auch der relativ schwache Teig aufgehen. Vor allem Vollkorn-Urkorn-Brote werden häufig im Kasten gebacken, weil der Schalenanteil den Teig schwerer macht und das Teiggerüst so noch einmal gestört ist.

Beispiel für ein Emmerbrot im Kasten:

Verträglichkeit von Urkorn im Brot

Menschen, die empfindlich auf den Verzehr von Brot reagieren, kommen nicht selten mit Broten aus Urkorn-Mehl besser zurecht. 100%ig ist nicht erforscht, wieso das so ist, es wird aber vermutet, dass es an den folgenden Punkten liegt:

  • Glutenstruktur: Die Glutenproteine in Urkornsorten (wie Dinkel, Emmer und Einkorn) haben eine andere Zusammensetzung und Struktur als die in modernem Weizen. Viele Menschen empfinden diese Glutenstruktur als leichter verdaulich, was zu weniger Beschwerden führen kann.

  • Weniger Züchtung: Urkornsorten wurden weniger intensiv gezüchtet und sind näher an ihren ursprünglichen Formen. Dies könnte bedeuten, dass sie weniger unerwünschte Eigenschaften aufweisen, die bei modernen Sorten häufig auftreten.

  • Ballaststoffe: Urkornmehle enthalten oft mehr Ballaststoffe, die die Verdauung fördern und das Sättigungsgefühl unterstützen. Eine ballaststoffreiche Ernährung kann auch zur allgemeinen Gesundheit des Verdauungssystems beitragen.

  • Nährstoffgehalt: Urkorn hat oft einen höheren Gehalt an wichtigen Nährstoffen, wie Mineralien und Vitaminen, was sich positiv auf die Gesundheit auswirken kann.

  • Langsame Gärung: Viele Urkornbrote werden mit traditionellen Methoden wie Sauerteig hergestellt, was die Gärung verlangsamt und dazu beiträgt, die Verdaulichkeit der enthaltenen Kohlenhydrate zu verbessern. Diese Methode kann auch antinutritive Stoffe wie Phytinsäure abbauen, die die Nährstoffaufnahme beeinträchtigen können.

  • Individuelle Verträglichkeit: Manche Menschen berichten, dass sie auf Urkorn weniger empfindlich reagieren als auf modernen Weizen. Das könnte teilweise an den unterschiedlichen Glutenarten oder dem geringeren Glutengehalt liegen.

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Über mich

Mein Name ist René und eigentlich würde ich mich niemals selbst als Bäcker bezeichnen. Aber für meine Familie bin ich „der Bäcker“. Und weil mir das Backen von Brot unendlich Freude bereitet, versuche ich hier für mich und andere eine Sammlung an Brotback-Wissen und vielen Rezepten zu schaffen. Viel Spaß damit!

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