Wenn dein Brotteig zu schnell aufgeht, kann das Nachteile haben: Bezüglich Geschmack, Verträglichkeit und auch für die Optik. Über diese Parameter kannst du die Geschwindigkeit der verschiedenen Ruhephasen deines Teigs steuern.
Was bedeutet eigentlich „Aufgehen“ von Brotteig?
Beim Aufgehen eines Brotteigs nimmt dieser schlicht und ergreifend an Volumen zu. Durch die Fermentation im Teig, verstoffwechseln Hefen und Milchsäurebakterien die Stärke im Mehl-Wasser-Gemisch und dabei wird (neben Aromastoffen, Alkoholen und Säure) Luft und vor allem CO2 produziert. Diese Gase bleiben am entstehenden Teiggerüst hängen und der Teig bläst sich auf wie ein Luftballon.
Was ist das Problem, wenn Brotteig zu schnell aufgeht?
Wenn Teig schnell aufgeht, ist das grundsätzlich erstmal gar kein großes Problem. Manchmal ist das auch gewünscht, je nach Gebäck und Rezeptur. Gerade bei süßlicheren Teigen wird oft mit einer schnellen Gare gearbeitet, vorwiegend durch Hefe initiiert. Durch die schnelle Reife bleibt der Teig mild und Säuren werden verhindert.
Im Brotteig ist die eine schnelle Gare allerdings eher zu vermeiden, weil sehr schnell reifende Teige meist weniger leckere Brote produzieren. Die folgenden Probleme können auftreten, wenn Brotteig zu schnell aufgeht:
- keine schöne Krume (eher fein oder fein mit sehr großen Poren gemixt)
- Risiko der Übergare (stark Übergare Teige produzieren keine schönen Brote mehr)
- flacher Geschmack (wenig Entwicklungszeit für die Entstehung von komplexen Säuren und Aromenspielen)
- Hefegeschmack (zu viel Hefe sorgt für einen wahrnehmbaren Hefegeschmack)
- aufgeblasene Optik (die Form ist nicht ideal, weil zu viel Luft im Teig ist; der Teig muss entgast werden)
- Zeitmanagement-Probleme (du willst das Brot zu einem späteren Zeitpunkt fertig haben und die schnelle Reife macht dir einen Strich durch die Rechnung)
- Unverträglichkeit (es gibt Menschen, die Brote aus schnell gereiften Teigen nicht so gut vertragen)
Gründe für zu schnell aufgehende Brotteige?
Wie so oft können ein oder mehrere Faktoren dazu führen, dass ein Brotteig zu schnell zu stark aufgeht:
- ein zu warmer Teig
- ein zu warmer Raum
- zu viel Triebmittel
- zu viel Vorteige
- zu viel Zucker
- zu wenig Salz
Teige länger reifen lassen durch eine niedrigere Teigtemperatur
Die Teigtemperatur haben gerade Anfänger-HeimbäckerInnen selten auf dem Schirm, Dabei ist sie besonders wichtig.
Mal angenommen in einem Rezept würde von einer Teigtemperatur von 25 Grad ausgegangen und die Reifezeit ist mit 4 Stunden angegeben: Hat dein Teig dann (aus welchem Grund auch immer) nicht 25 sondern 30 Grad Temperatur, verkürzt sich die Reifezeit um die Hälfte. Je 5 Grad mehr oder weniger Teigtemperatur halbiert oder verdoppelt sich die Reifezeit entsprechend.
So kann es also passieren, dass dein Teig viel schneller reif wird als angegeben. Lässt du den Teig dann so lange weiter reifen, wie es im Rezept angegeben wurde mit einer niedrigeren Teigtemperatur, geht dein Teig zu weit: Die Übergare.
So sieht beispielsweise ein Teig aus, der eine deutliche Übergare hatte:
Was kannst du tun?
Nutze diesen Rechner für die Schüttwasser Temperatur
Über ihn kannst du die Temperaturen der anderen Zutaten und die Zieltemperatur angeben und weißt anschließend wie kalt dein Schüttwasser sein sollte, damit der Teig nicht zu warm wird. Denke daran, dass durch das Kneten ansich der Teig allein schon 1-3 Grad wärmer werden kann (je nach Maschine). Auch diesen Parameter kannst du im Rechner berücksichtigen.
Teige länger reifen lassen durch eine niedrigere Raumtemperatur
Das Gleiche gilt für die Raumtemperatur: Schon häufig hier beschrieben, verkürzt auch eine höhere Raumtemperatur die Reifezeit des Teiglings. Auch hier gilt der 5 Grad Richtwert, der besagt, dass sich durch 5 Grad mehr oder weniger die Reifezeit halbiert oder verdoppelt. Im Sommer reift dein Brotteig also vermutlich deutlich schneller, wenn dein Raum viel wärmer ist. Du kannst das nun entweder durch einen kühleren Teig oder weniger Triebmittel ausgleichen oder aber (und das ist deutlich einfacher) durch die Suche nach einem kühlen Ort in deiner Wohnung. Alternativ kannst du auch eine Kühlbox mit Kühlakkus verwenden, wenn du keine kalten Räume zur Verfügung stehen hast. Rezepte sind in der Regel auf 20 bis 22 Grad Raumtemperatur ausgelegt.
Teige länger reifen lassen durch weniger Sauerteig oder Hefe
Ein zu viel an Triebmitteln gehört ebenso zu den Klassikern bei zu schnell aufgehenden Teigen. Damit Brotteige nicht zu rasch und auch nicht zu stark aufgehen, sollte die Menge an Hefe und Sauerteig im kleineren Rahmen gehalten werden. Auch hier ist natürlich das Rezept entscheidend, aber wenn du einfach mal drauf los backen willst und dann mit zu viel Hefe oder Sauerteig arbeitest, verkürzt du mit jedem weiteren Gramm Triebmittel die Reifezeit.
Es gibt leider immer noch viele Rezepte mit sehr viel Hefe. Da wird dann gerne mal ein Hefewürfel auf 1kg Mehl eingesetzt, was viel zu viel für ein leckeres Brot ist. Mehr als 1-2% Hefeanteil (am Mehl gemessen) würde ich nie einsetzen, weil ansonsten der Teig zu schnell reift und das Brot am Ende nicht lecker genug wird. Brot benötigt Zeit für die ausreichende Aromenbildung. Nur wer auf Hefegeschmack steht, sollte mit viel Hefe arbeiten.
Ähnlich ist das bei Sauerteig: Auch zu viel Sauerteig lässt das Brot zu schnell reifen und trotz Sauerteig flach werden in Bezug auf Geschmack. 10-50% Anteil am Mehl sollten in den meisten Fällen versäuert werden. Bei Weizenbroten eher weniger, bei Roggenbroten eher mehr. Hier erfährst du, wie viel Sauerteig du für ein Brot einbauen solltest.
Und: Achte darauf, dass du die richtige Hefe verwendest: Steht in einem Rezept so etwas wie „10g Hefe“. Dann gehe eher von frischer Hefe, statt Trockenhefe aus. Das Verhältnis frische Hefe zu Trockenhefe liegt bei 3:1. D.h. würdest du die 10g Hefe als Trockenhefe ansetzen, wären das vergleichbar 30g frische Hefe, was schon 3/4 eines Hefewürfels bedeuten würde.
Weitere Maßnahmen, durch die Teige langsamer reifen
Wenn du Vorteige in deinen Brotteigen verwendest (zum Beispiel einen Poolish), solltest du auch hier versuchen nicht zu viel davon einzusetzen. Durch einen Vorteig wird mit sehr wenig Hefe ein Teil des Mehls bereits vorfermentiert. Dadurch vermehren sich die Hefen im Vorteig und es ist meist nicht einmal mehr nötig noch zusätzlich Hefe im Hauptteig zuzugeben. Ist der Anteil Vorteig aber zu groß, kann die Reifezeit ebenso stark beschleunigt werden, weil durch den Vorteig eine große Menge an vermehrten Hefen eingeschleust wird. Ich würde bei 1kg Mehl im Teig nicht mehr als 10-30% des Mehls im Vorteig vorfermentieren.
Zucker beschleunigt die Aktivität von Hefe. Was eigentlich gar nicht nötig ist bei Brot, wird doch immer noch oft in Rezepten angegeben. Hefe muss nicht aktiviert werden, Zucker muss niemals künstlich zugesetzt werden, so dass Hefe funktioniert. Allerdings wird Hefe sich schneller vermehren und aktiv werden, wenn Zucker eingesetzt wird, der einfach und schnell durch die Hefen verstoffwechselt werden kann. Lass also den Zucker weg, wenn du nicht gerade ein süßes Gebäck backen willst.
Und weil Salz die Fermentation hemmt, kann zu wenig Salz sogar auch einen gewissen Effekt auf die Reifezeit haben. Je weniger Salz, desto schneller reift der Teig. Allerdings ist der Effekt im Vergleich zu Temperaturen und Mengen an Triebmittel vernachlässigbar und vermutlich seltener Ursache für zu schnell aufgehende Brotteige.