Startseite » Handgeknetetes & kräftig gesäuertes Brot
Die Säure der ersten Sauerteigbrote zu steuern ist gar nicht so einfach. Es gibt einige Parameter, die darüber entscheiden, ob dein Brot mild oder sauer, geschmacklich flach oder komplex wird. Das Brot in diesem Rezept ist aromatisch ausgereift und hat eine angenehm kräftige Säurenote.
Ich hole jetzt mal kurz aus um euch das Thema "Versäuerung" vereinfacht zu verdeutlichen: Es gibt diverse Parameter die unterschiedlich eingestellt werden können, ob ein Brot sauer wird oder eher mild. Nicht jeder mag saure Brote, aber viele lieben sie. Du könntest das Brot in diesem Rezept auch backen, wenn du milde Brote magst. Du musst nur den Sauerteig anders führen. Wie genau? Auf geht's...
Die Säure eines Sauerteigbrotes hängt direkt mit der Menge des Sauerteig / Vollsauers und der Art und Weise wie er gezogen wurde zusammen. Welche Parameter werden üblicherweise gestellt um die Sauerteigstärke und Aromatik zu steuern?
Zeit: Je länger der Sauerteig reift, desto saurer ist er. Allerdings hängt das weniger mit der Zeit ansich zusammen, als mit der Art der Führung. Längere Reifezeiten bei Sauerteig werden meist unter kühleren Temperaturen angesetzt, weil ansonsten der Teig schnell überreif wird. Kühl und lang geführter Sauerteig bedeutet: saurer. Warm und schnell geführt bedeutet: milder.
Menge des Anstellguts: Je mehr Anstellgut du für das Ansetzen des Sauerteigs verwendest, desto schneller oder langsamer reift er. Das hängt mit der Anzahl Mikroorganismen zusammen. Viel Anstellgut wird den Vollsauer schneller zur Reife bringen. Ein kurz und warm geführter Sauerteig mit viel Anstellgut ist eher für die milchsäurebildende Milchsäurebakterien förderlich, als für die essigsäurebildenden Bakterien. Führst du direkt, packst also dein Anstellgut direkt in den Haupt-Teig und lässt den Teig lange bei Raumtemperatur reifen, wird das Brot stündlich saurer. Du produzierst damit quasi einen großen Sauerteig, den du dann bäckst. Je mehr Anstellgut du in den Hauptteig gibst, desto saurer wird das Brot dann am Ende auch. Bei 600g Mehl im Brot machen 30% / 200g versäuertes Mehl ein milderes Brot als es bei 50% /300g versäuertem Mehl zu erwarten wäre.
Sauerteigtemperatur: Wie bereits geschrieben: Je länger und kühler der Vollsauer geführt wurde, desto saurer wird das Brot. Je wärmer und kürzer, desto milder wird das Brot.
Wassertemperatur: Je wärmer das Wasser, desto wärmer ist der angesetzte Sauerteig, desto schneller reift er. Das heißt, nimm kühlschrankkaltes Wasser, wenn du willst, dass der Sauerteig langsamer und saurer reift. Hier im Rezept hatte mein Sauerteig 20° nach dem Ansetzen.
Raumtemperatur: Wenn die Temperatur entscheidend ist, dann ist es eine Kombination aus Teigtemperatur und Raumtemperatur. Ist der Teig kühl angesetzt, du stellst ihn aber bei 30° zur Reife, wird er recht schnell die Raumtemperatur annehmen. Genauso wenig Sinn macht es den Teig sehr warm anzusetzen und dann in eine kühle Umgebung zu stellen. Hier im Rezept wurde der Sauerteig bei knapp unter 20° zur Reife gestellt. Das lässt ihn locker 18 Stunden reifen.
Wasseranteil: Die Teigausbeute, also Anteil Wasser am Mehl des angesetzten Sauerteigs, hat Auswirkung auf die Komplexität und Säurebildung des Sauerteigs. Eine niedrigere TA (z.B. TA von 180, also 100g Mehl zu 80g Wasser + Anstellgut) lässt die Mikroorganismen weniger aktiv sein, so dass die Reife länger dauert und der Teig saurer und komplexer aromatisch wird.
Kurz nochmal zusammengefasst:
weich + warm + kurz = milder Sauerteig
weich + warm + länger = extrem sauerer Sauerteig
fester + kühler + länger = angenehm sauer bis sehr sauer (je nach Dauer)
Du siehst, du hast hier alle Fäden in der Hand. Es gibt auch noch Parameter, wie z.B. die Stufenführung des Sauerteigs. Bei der 3-Stufenführung wird unter unterschiedlichen Mengen Anstellgut und Temperatur und Zeit zuerst Hefe, dann Säure, dann Aroma gebildet bevor dann der finale Vollsauer in den Hauptteig geht. Bei Einstufenführung passiert das alles viel schneller und Säuren werden mehr ausgebildet über die Dauer der Reife.
Im Plötzblog habe ich noch folgende gute, kurze Beschreibung gefunden:
"Warm geführte (Weizen-/Dinkel-) Sauerteige (etwa über 29-30°C) machen den Teig etwas feuchter, die Krume dunkler, dehnbarer und grobporiger und bringen einen milden Geschmack ins Brot. Dagegen verursachen kühler geführte Sauerteige einen besseren Stand, eine etwas weniger dehnbare, straffe Krume und entsprechend kleineres Volumen (Kleberstraffung) sowie einen etwas säuerlich-herben Geschmack"
Noch ein paar Wörter zum Brot selbst: Wie der Artikel bisher erahnen lässt, geht es hier darum ein Brot zu backen, dass eine kräftige Note an Säure hat. Daher habe ich den Anteil auf knappe 40% Sauerteig zum Gesamtmehl hochgesetzt, was für Mischbrote mit niedrigem Roggenanteil schon an der oberen Grenze dessen ist, was man so machen sollte. Je höher, desto mehr Schwierigkeiten kriegt man mit dem Geschmack, dem Handling des Teiges und der Backfähigkeit/Triebkraft etc. Weizensauerteigbrote werden in der Regel bis zu max. 30% versäuert, Roggenbrote bis zu 50%. Ein Mittelwert erschien mir hier sinnvoll.
Das Ergebnis ist ein herrlich aromatisches, kräftig säuerliches Brot mit einer knackigen Kruste und einer schön soften und elastischen Krume. Die Porung ist leicht offen. Das Kneten per Hand hat nicht mehr als 5 Minuten Zeit beansprucht und gefällt mir immer mehr. Wer braucht schon eine Maschine, wenn er mit so wenig Aufwand per Hand quasi das gleiche Ergebnis erreichen kann. Ach ja: ich habe mit 2 unterschiedlichen Anstellguten, Roggen und Weizen, angesetzt. Das kannst du machen wie du willst. Ich mag diese Misch-Sauerteige sehr gerne. Hast du nur einen Sauerteig, dann nimm da einfach die doppelte Menge Anstellgut.
Vortag
12:00 Uhr Wasser kalt stellen
14:00 Uhr Sauerteig ansetzen
Backtag
08:00 Uhr Autolyseteig angesetzt
08:30 Uhr Hauptteig kneten
09:00 Uhr Dehnen und Falten
09:30 Uhr Dehnen und Falten
10:00 Uhr Dehnen und Falten
10:30 Uhr Dehnen und Falten
14:00 Uhr Preshape/Vorformen
14:15 Uhr Formen
15:30 Uhr Teig in Gefrierschrank stellen
16:00 bis 16:50 Uhr Backen
1100g Brot
🕒
Deutschland
Hält 2 bis 3 Tage frisch
Hinweis, damit der Teig nicht zu weich wird: Es macht Sinn die Wassermenge immer etwas vorsichtiger zu dosieren, wenn nicht genau die gleichen Mehle verwendet werden, die ich verwendet habe. Ich versuche schon durch "Reservewasser" einen gewissen Faktor herauszurechnen, dennoch kommt es immer wieder vor, dass mal Teige beim Nachbacken zu weich werden. Lieber zu Beginn nochmal 20g weniger Wasser nehmen und später dann dazugeben. Vor allem dann, wenn man am Anfang der BäckerInnen-Karriere steht. :)
Hinweis zu Knetzeiten: Bitte beachte, dass hier angegebene Knetzeiten bei dir variieren können. Ich gebe hier die Knetdauer mit meiner Knetmaschine an. Mit anderen Maschinen und unterschiedlichen Parametern (Temperaturen, finale Wassermenge, Mehlsorte) können die Knetzeiten abweichen. Bitte achte eher auf Teigkonsistenzen, als auf meine Zeitangaben zur Knetdauer.
Hinweis zum Backen: Solange ich nichts Gegenteiliges angebe, bitte immer Ober- und Unterhitze verwenden!
Wasser (bei mir: 12:00 Uhr)
500g Wasser kalt stellen
Mischsauerteig ansetzen (bei mir: 14:00 Uhr)
10g ASG Weizen
10g ASG Roggen
140g Weizen Typ 550 backstark oder Breadflour oder Tipo 0
140g Roggen 1150 oder Roggen-Vollkornmehl
220g Wasser kühlschrankkalt
Vermischen und 18 Stunden bei max. 20° Grad stehen lassen
Autolyseteig (bei mir: 8:00 Uhr)
270g Wasser kühlschrankkalt
380g Weizenmehl Typ 550 backstark oder Breadflour oder Tipo 0
500g Sauerteig
Per Hand oder mit einem Löffel gut vermengen, bis keine Mehlnester mehr erkennbar sind und dann abgedeckt 30 Minuten ruhen lassen.
Hauptteig per Hand geknetet (bei mir: 8:30 Uhr)
Autolyseteig
15g Salz
10g Bassinage / Reserve- oder Knetwasser
Teig nach der Stockgare
Jede Menge Sauerteig in diesem Brot mit knapp 40% der Mehlmenge
Hier siehst du ein Video mit den wichtigsten Schritten zur Erstellung des Tartine Country Bread. Genau so habe ich auch das kräftig säuerliche Brot zubereitet.
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Die folgenden Utensilien habe ich bei diesem Rezept verwendet. Hier findest du alle Utensilien, die ich für's Brot-Backen verwende:
Mein Name ist René und eigentlich würde ich mich niemals selbst als Bäcker bezeichnen. Aber für meine Familie bin ich „der Bäcker“. Und weil mir das Backen von Brot unendlich Freude bereitet, versuche ich hier für mich und andere eine Sammlung an Brotback-Wissen und vielen Rezepten zu schaffen. Viel Spaß damit!
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