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Tessiner Brot

Rezept für Pane Vallemaggia

Während in vielen modernen Brotrezepten auf Ofentrieb geachtet und versucht wird ein „Breitbacken“ zu vermeiden, ist genau das die Herausforderung beim Pane Valle Maggia. Ein weicher Teig sorgt für ein flaches Brot, eine lange Reife für viel Geschmack und eine sehr offene Porung. Das macht dieses Tessiner Brot aus.

Mich hat dieses Brot an meine Grenzen gebracht. Ich habe wirklich Schwierigkeiten gehabt den Teig so zu führen, wie es das traditionelle Pane Vallemaggia-Rezept verlangt: mit sehr viel Wasser. Wir reden hier von einer Hydration von über 90%. D.h. auf die 450g Mehl kamen bei mir 415g Wasser. Das ist selbst bei Ruchmehlen eine Hausnummer! Dadurch ist es sehr schwierig den Teig überhaupt auszukneten. Zumindest hatte ich mit meiner Ankarsrum Knetmaschine massive Probleme die nötige Teigausknetung zu erreichen (die Ankarsrum ist bei weichen Teigen nicht die beste Wahl). Erst ein Versuch mit moderater Hydration und einer relativ großen Menge an Reservewasser, dass am Ende zugegeben wird, hat dann zum Erfolg geführt.

Ganz klassisch wird das Pane Vallemaggia mit weitestgehend Ruchmehl gebacken. Nur ein kleiner Anteil Roggenmehl wird eingebaut. Getrieben wird mit Hefe. Ich habe aber auch diverse Abwandlungen im Netz gefunden, die manchmal mit Sauerteig daherkommen oder auch mit Weizenmehl eher in Form eines Mischbrotes. Ich habe auf die Mischbrot-Variante gesetzt, weil ich reine Ruchmehlbrote nicht so stark finde, wie Brote, die in Kombination mit backstarken anderen Mehlen gebacken werden. So habe ich einen Teil mit hellem Weizenmehl versehen.

Weitere Besonderheit bei diesem Brot ist die Aufarbeitung: Bei normalen Weizenbrotteigen werden diese eher auf Spannung geformt und dann in ein Gärkörbchen gegeben um die Form zu halten. Beim Tessiner Brot ist das nicht nötig, weil es ja ohnehin breit ausbacken soll. Das heißt nach ein paar Stunden bei Raumtemperatur wird der Teig in der Teigwanne in den Kühlschrank gestellt und kann dort dann 24 bis 48h reifen. Danach wird der Teig aus der Kühle geholt und 2 bis 3 Stunden bei Raumtemperatur akklimatisiert. Anschließend wird der Teig grob rund gewirkt und dann mit dem Schluss nach unten auf einem Stück Backpapier noch ein paar Minuten zur Stückgare gestellt. So läuft der Teig dann breit und wird auch direkt so gebacken. Ein großer Ofentrieb ist nicht zu erwarten und auch nicht gewünscht, wenn man ein traditionelles Tessiner Brot backen möchte. Genau das wurde mir mehrfach zum Verhängnis, bevor ich einigermaßen zufrieden war mit dem Ergebnis: Ich hatte diesen Zwang sauber auf Spannung rund zu wirken so sehr in mir, dass es am Ende dann doch wieder zu viel aufging im Ofen.

Also heißt das für dich: Vergiss alles was du so übers Brot backen die letzte Zeit erfahren hast und versuche ja keine Spannung in deinen Teig zu bekommen. Sonst backst du zwar ein Brot, aber es ist nicht das original Tessiner Pane Vallemaggia. ;-)

Mein Zeitplan:

Vortag

10:00 Uhr geknetet
11:30 Uhr Dehnen und Falten
13:00 Uhr Dehnen und Falten und in den Kühlschrank stellen
17:00 Uhr Dehnen und Falten
21:00 Uhr Dehnen und Falten

Backtag

10:00 Uhr Teig aus dem Kühli holen
12:30 Uhr Ofen aufheizen
13:00 Uhr Teig grob rundwirken
13:30 bis 1420 Uhr Backen

Rezept

Ergebnis

ca. 920g Brot

Zubereitungszeit

🕒

Region

Schweiz, Tessin

Frischehaltung

Hält 2 bis 3 Tage frisch

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Zutaten

  • 250g Schweizer Ruchmehl (oder Weizenmehl Typ 1050, dann aber 5 bis 10% weniger Wasser)
  • 150g Weizenmehl Typ 550
  • 50g Roggenmehl Typ 997
  • 375g Wasser
  • 30 bis 40g Bassinage (Reservewasser, je nach Mehl)
  • 3g frische Hefe
  • 13g Salz

Hinweis, damit der Teig nicht zu weich wird: Es macht Sinn die Wassermenge immer etwas vorsichtiger zu dosieren, wenn nicht genau die gleichen Mehle verwendet werden, die ich verwendet habe. Ich versuche schon durch "Reservewasser" einen gewissen Faktor herauszurechnen, dennoch kommt es immer wieder vor, dass mal Teige beim Nachbacken zu weich werden. Lieber zu Beginn nochmal 20g weniger Wasser nehmen und später dann dazugeben. Vor allem dann, wenn man am Anfang der BäckerInnen-Karriere steht. :)

Hinweis zu Knetzeiten: Bitte beachte, dass hier angegebene Knetzeiten bei dir variieren können. Ich gebe hier die Knetdauer mit meiner Knetmaschine an. Mit anderen Maschinen und unterschiedlichen Parametern (Temperaturen, finale Wassermenge, Mehlsorte) können die Knetzeiten abweichen. Bitte achte eher auf Teigkonsistenzen, als auf meine Zeitangaben zur Knetdauer.

Hinweis zum Backen: Solange ich nichts Gegenteiliges angebe, bitte immer Ober- und Unterhitze verwenden!

Zubereitung

Vortag

Hauptteig
250g Ruchmehl
150g Weizenmehl Typ 550
50g Roggenmehl 997
3g frische Hefe
375g Wasser
25 bis 40g Bassinage
13g Salz (zum Schluss dazugeben)

  • Wasser in die Schüssel der Knetmaschine geben
  • Hefe dazugeben und mit einem Löffel verrühren
  • Alle anderen Zutaten dazugeben, außer Salz und Bassinage
  • Bei Stufe 1 ca. 6 Minuten kneten
  • Bei Stufe 2 weitere 4 Minuten kneten, dabei Salz dazugeben
  • In der letzten Minute noch das Reservewasser einkneten
  • Der Teig wird sehr weich
  • Den weichen Teig aus der Schüssel in eine leicht geölte Teigwanne schaben und zusammenfalten
  • 3 Stunden Reife bei Raumtemperatur
  • Dabei bei 1,5 Stunden und bei 3 Stunden Dehnen und Falten 
  • Teigschüssel verschlossen in den ca. 5 bis 6° kalten Kühlschrank stellen
  • Zwischendurch immer mal wieder Dehnen und Falten
  • Über Nacht im Kühlschrank lassen

Backtag

  • Teig aus dem Kühlschrank holen
  • 2,5 Stunden Akklimatisieren lassen bei Raumtemperatur (bei mir ca. 23°)
  • Ofen 1 Stunde auf 250° hochheizen (mit Schwader und Backstein).
  • Nach insgesamt 3 Stunden Reife bei Raumtemperatur (Ofen ist zu diesem Zeitpunkt bereits 30 Minuten am Aufheizen) den Teig mit reichlich Mehl grob rund falten und wirken und dann mit dem Schluss nach unten auf ein Stück Backpapier auf einem Schieber zur letzten Ruhe legen. Wie ich das gemacht habe, siehst du unten in meinem Video. Das ist sicher nicht perfekt, Tessiner Traditionalisten werden vermutlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Aber es hat für mich funktioniert. Im Endeffekt ist es eine Art ständiges Umgreifen und Falten, das am Ende eine runde Form ergibt. Nur eben nicht zu sehr auf Spannung gebracht. Luftlöcher an der Oberfläche des Teiges solltest du platzen lassen, weil sie nicht schön ausbacken.
  • Nach insgesamt 3,5 Stunden (Ofen zu dieser Zeit 1 Stunde aufgeheizt; siehe Zeitplan oben) Teig 3x schnell mit einem Messer längs einschneiden (kleines Wellenmesser eignet sich gut)
  • Mit dem Schieber den Teig mit Backpapier auf den Backstein schieben
  • Schwaden für 10 Minuten bei 250°
  • Dampf ablassen und herunterschalten auf 220°
  • Backen für weitere 20 Minuten
  • Ofen herunterschalten auf 200°
  • Backen für weitere 20 Minuten
  • Das Brot muss schön dunkel sein, wenn nicht dann nochmal etwas nachbacken mit 220°
  • Ggfs. weitere 5 Minuten bei leicht offener Ofentür ausbacken lassen
  • Abkühlen lassen auf einem Rost
  • Fertig!

Die Porung ist richtig toll offen

Man sieht, dass die lange Reifezeit den Teig hat super aufgehen lassen. Die Fermentation ist so wie sie sein soll.

Das Brot hätte noch einen Tacken flacher sein können, ist aber schon recht nah am Original

Es wird sehr dunkel ausgebacken

Wirken des weichen Teigs: Durch faltende Bewegungen wird langsam aber sicher eine Form daraus

So hat sich meine Ankarsrum mit dem weichen Teig gequält

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Autor:
René Dasbeck

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Verwendete Brotback-Helferlein

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Artikel zuletzt aktualisiert am 22. Juli 2024 von
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12 Antworten
  1. Stefan

    Hallo, vielen Dank für die Anleitung. Das Brot sieht sehr lecker aus. Aber eine Frage stellt sich mir doch. Verwenden Sie Trockenhefe oder normal Hefe`

    Vielen Dank und herzliche Grüße
    Stefan

  2. Christian Imhof

    Pane Valle Maggia
    Nach welchem Kriterium beurteile ich, ob die Wassermenge im Teig stimmt oder noch mehr zugefügt werden muss?
    Muss der Teig den Fenstertest bestehen und falls ja, nicht mehr Wasser zufügen?
    ich benötige ein Kriterium zum Beurteilen.

    1. René von brooot.de

      Das kannst du wohl nur durch Erfahrung herausfinden. Es ist ein sehr weicher Teig, idealerweise klappt es mit dem Fenstertest. Wenn nicht, dann kannst du es mit Dehnen und Falten versuchen zu richten. Das war bei mir damals der Fall. Am besten du fängst mit relativ wenig Wasser an und arbeitest dich dann hinein.

    1. René von brooot.de

      Danke dir. Das sollte auch klappen. Hab ich allerdings noch nicht gemacht, daher kann ich dir noch keine genauen Angaben zu Mengen geben.

  3. Hans-Ulrich Ehrismann

    Hallo René
    Ich bin ein Fan von Pane Valle Maggia und ich habe schon etliche Rezepte dieses Brotes ausprobiert. Ich war skeptisch ob ich das hinkriege, betreffend der grossporigen Krume, Handling mit dem hohen Wasseranteil, aber das war unbegründet. Es wurde genauso wie Deine Bilder es dokumentieren. Auch Geschmacklich ist es top und sogleich zu meinem Favoriten avanciert.
    Auch der Zeitablauf passt für mich perfekt. Ich werde diese nun in Zukunft oft Backen und noch weiter Deiner Rezepte ausprobieren.
    Besten Dank für solch tolle Rezepte.

    Herzlichen Gruss
    Hans-Ulrich

    1. René von brooot.de

      Hallo Hans-Ulrich, freut mich, dass ich dich mit dem Pane Vallemaggia direkt überzeugen konnte. Ich finde es auch ein wirklich tolles Brot.
      Viel Spaß beim Weiterbacken!

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Über mich

Mein Name ist René und eigentlich würde ich mich niemals selbst als Bäcker bezeichnen. Aber für meine Familie bin ich „der Bäcker“. Und weil mir das Backen von Brot unendlich Freude bereitet, versuche ich hier für mich und andere eine Sammlung an Brotback-Wissen und vielen Rezepten zu schaffen. Viel Spaß damit!

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